Generationenstudie

Zukunft gemeinsam gestalten

Werte im Wandel?

Deutschland steht inmitten einer „Zeitenwende“. Die Intensität und hohe Dynamik, mit der sich aktuell die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern, hat es seit vielen Jahrzehnten so nicht gegeben. Und die Zeitenwende hinterlässt bereits tiefe Spuren. Denn der Blick auf die Zukunft – insbesondere die gesellschaftliche Zukunft – trübt sich ein.

Wie reagieren junge und ältere Menschen auf die Zeitenwende?

46 Prozent der Generation Z sehen zumindest ihre persönliche Zukunft optimistisch, was nur auf 37 Prozent der Babyboomer-Generation zutrifft. Die Zukunft der Gesellschaft sehen beide Generationen indes negativer. Über zwei Drittel der Generation Z (68 %) sehen die Zukunft der Gesellschaft eher düster, während dies auf 63 Prozent, also etwas weniger, der Babyboomer-Generation zutrifft. Negativrekord.

Im Vergleich zu vorangegangenen Shell Jugendstudien sind die Zukunftseinschätzungen junger Menschen deutlich eingetrübt. Noch 1984 – als die Babyboomer selbst jung waren – blickten 54 Prozent zuversichtlich auf die gesellschaftliche Zukunft. 1991 sogar 71 Prozent. Und selbst 2019 lag die „Zuversicht“ noch bei über 50 Prozent. Naheliegend ist die Interpretation, dass dies auf die immer spürbarer werdenden Klimaveränderungen sowie die aktuellen Krisen wie die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg zurückgeführt werden kann. Ob es sich dabei um einen dauerhaften oder vorübergehenden Effekt handelt, wird die Zukunft zeigen. 

Beide Fragen, sowohl nach dem Blick auf die eigene Zukunft als auch auf die Zukunft der Gesellschaft, wurden auch in früheren Shell Jugendstudien gestellt. Allerdings müssen Vergleiche zwischen den Studien mit Vorsicht interpretiert werden. Im Vergleich zur R+V Generationenbefragung 2022, bei der die Jugendlichen und jungen Erwachsenen eigenständig einen Online-Fragebogen ausgefüllt haben, wurden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Shell Jugendstudie persönlich-mündlich durch eine:n Interviewer:in befragt. Daher kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, welcher Anteil dieses negativen Stimmungstrends auf einen anderen Befragungsmodus zurückzuführen ist. Tendenziell zeigen sich bei Online-Studien zum Teil negativere Bewertungen bei Fragen zur Zufriedenheit als bei Interviewer-moderierten Befragungen.


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Top 10 der Werte zeigen große Einigkeit

Werte stehen sowohl am Anfang als auch am Ende gesellschaftlicher Veränderungsprozesse. Ihre Veränderung ist einerseits Folge, andererseits Ursache des Wandels aller anderen Lebensbereiche. Darüber hinaus beeinflussen sogenannte Megatrends die Wertelandschaft – die Demografie, die Globalisierung, die Digitalisierung und der Klimawandel. Umgekehrt ist die Wertelandschaft wiederum maßgeblich für die Ausprägung der Megatrends. So ist die Geburtenrate z. B. einerseits Ergebnis von Werthaltungen, anderseits prägt die Familiengröße die Einstellungen von Menschen für ihr gesamtes Leben. Diese Prozesse des Wandels sind also untrennbar miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. 

In der R+V Generationenbefragung 2022 wurden die Teilnehmenden zu einer Vielzahl an Dingen befragt, die für sie persönlich wichtig sind. Die „Dinge“ stehen stellvertretend für eine Auswahl an sozialen Werten, an Selbstbestimmungswerten und eher leistungsbezogenen Werten. In den Top 10 der Nennungen mit Zustimmungswerten von über 75 Prozent stehen Gemeinschaftswerte wie eine:n vertrauensvolle:n Partner:in, gute Freunde und ein gutes Familienleben zu haben. Bei diesen Werten sind sich die Generationen weitgehend einig.  9 der 10 Topwerte stimmen über die Gruppen bemerkenswert überein. Der intergenerationale Unterschied beträgt nur wenige Prozentpunkte, lediglich die Reihenfolge unterscheidet sich.

Auch nicht in den Top 10 gerankte Werte zeigen große Gemeinsamkeiten. So befürworten generationenübergreifend fast 60 Prozent der Befragten, sozial Benachteiligten und gesellschaftlichen Randgruppen zu helfen. Dafür, auch solche Meinungen zu tolerieren, denen man eigentlich nicht zustimmen kann, gibt es eine (wenn auch knappe) Mehrheit. Sich politisch zu engagieren oder seine persönlichen Bedürfnisse dem Gemeinwohl unterzuordnen, ist hingegen für lediglich ein Drittel der befragen Personen wichtig – unabhängig von deren Alter. Sehr hoch ist die Übereinstimmung bei den Selbstbestimmungswerten. Knapp 9 von 10 befragten Personen ist es wichtig, eigenverantwortlich zu leben und zu handeln (Platz 3 bzw. 4 im Ranking) und von anderen Menschen unabhängig zu sein.

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Hedonismus als Privileg der Jugend?

Die größten Unterschiede zwischen den Generationen zeigen sich bei leistungsbezogenen Werten. Während es nur einer von sechs Personen der Babyboomer-Generation wichtig ist, Macht und Einfluss zu haben, sind es zwei von sechs Personen aus der Generation Z – also doppelt so viele. Für beinahe 70 Prozent der Generation Z ist es wichtig, einen hohen Lebensstandard zu haben, während nur die Hälfte der Babyboomer diesem Lebensziel zustimmt. Der größte Unterschied zwischen den Generationen zeigt sich bei einem hedonistischen Wert. Das Leben in vollen Zügen zu genießen, ist für 83 Prozent der Generation Z wichtig und damit Platz 6 in den Top 10, hingegen finden dies nur (noch) 61 Prozent der Babyboomer bedeutsam. Eine Differenz von 22 Prozentpunkten. Umgekehrt lassen sich die älteren Befragten offenbar häufiger von ihren Gefühlen leiten, wenn sie Entscheidungen treffen. Für 80 Prozent der Babyboomer ist dies wichtig, aber nur für gut zwei Drittel der Generation Z.

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