Generationenstudie

Zukunft gemeinsam gestalten

Gesundheitssystem braucht neue Lösungen

Die Sicherung des Gesundheitssystems/der Pflege wird von 51 Prozent der Befragten der Generation Z und 72 Prozent der Babyboomer als zentrales gesellschaftliches Thema erkannt – noch vor Themen rund um den Klimawandel, Bildung, Ungleichheit, Arbeit und Wirtschaft. Ausschließlich dem Thema Rente/ Altersvorsorge wird von beiden Gruppen noch etwas mehr gesellschaftliche Relevanz beigemessen. Die Zukunftsfragen für ein gesundes Leben in der Zukunft betreffen dabei neben der Finanzierung des Gesundheitswesens folgende strukturelle Fragen:

  • Wie kann die Versorgung in Zukunft, trotz Fachkräftemangel sichergestellt werden?
  • Wie kann der Zugang zu medizinisch-pflegerischer Versorgung gerecht gestaltet werden?
  • Wie können die (steigenden) Kosten im Gesundheitswesen finanziert werden?

Zahlungsbereitschaft schwach ausgeprägt

Um es gleich vorwegzunehmen, die Frage nach der Finanzierung des Gesundheitssystems dürfte noch intensive wirtschafts- und gesellschaftspolitische Debatten mit sich bringen. Denn ebenso absehbar wie die Kosten steigen werden ist absehbar, dass die zusätzliche Zahlungsbereitschaft der Menschen eher gering ist. So zeigt die R+V Generationenbefragung 2022, dass lediglich ein Drittel der Generation Z als auch der Babyboomer bereit ist, mehr für die Gesundheitsversorgung auszugeben.

Differenziert nach dem Bildungsstand der Befragten nimmt die Bereitschaft mit dem Bildungsniveau leicht zu, von 26 Prozent (einfache Bildung) über 28 Prozent (mittlere Bildung) auf 39 Prozent (hohe Bildung). Da Bildung in der Regel stark mit Einkommen korreliert ist, bedeutet dieses Ergebnis, dass sich selbst unter finanziell gut situierten Menschen keine solide Basis für Mehrausgaben findet.

So verständlich die geringe Zahlungsbereitschaft individuell auch sein mag, das Gesamtsystem „Gesundheit und Pflege“ wird zusätzliche und mit der Zeit weiter steigende Ausgaben zu bewältigen haben. Ob das Geld hierfür aus privaten (Zu-)Zahlungen, aus höheren Beiträgen oder Steuern kommt, ist Teil eines gesellschaftspolitischen Aushandlungsprozesses. Schon heute ist allerdings absehbar, dass die Beitragssätze in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) allein aus demografischen Gründen spürbar steigen werden. In der GKV von heute 15,9 Prozent auf über 18 Prozent (inkl. durchschnittlichem Zusatzbeitrag), in der SPV von heute 3,05 Prozent auf gut 4 Prozent. Je nach Ausgabendynamik und Lastverteilung zwischen den Zahlungsquellen sind noch deutlich höhere Beitragssätze möglich.

23 degrees

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Was braucht es für ein gesundes Leben in Zukunft?

Gelingt es nicht, den Personalmangel im Gesundheitswesen und die bestehenden Rahmenbedingungen nachhaltig zu reformieren, wird die zukünftige Versorgung alter und kranker Personen auf heutigem Niveau nicht realisierbar sein. Neben Personal und Geld braucht es tiefgreifende strukturelle Reformen.

Bedingt durch den Arbeitskräftemangel sowie den zu beobachteten Zuzug in urbane Ballungszentren zeichnet sich eine stärkere Zentralisierung der Gesundheitsversorgung in größeren Standorten ab. Hierdurch können personelle Ressourcen effizient genutzt und Expertise gebündelt werden. Jedoch besteht die Gefahr, dass sich eine qualitativ hochwertige und moderne Gesundheitsversorgung auf einige wenige Versorgungszentren konzentriert und die flächendeckende Versorgung eingeschränkt wird. Um dem vorzubeugen, gilt es insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, den Ausbau und Förderung der digitalen Gesundheitsversorgung z. B. durch Telemedizin verstärkt voranzutreiben.

Big Data und Künstliche Intelligenz (KI) bieten Potenziale

Neue Entwicklungen im medizinisch-technischen Bereich können nicht nur dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung flächendeckend sicherzustellen, digitale Instrumente können auch administrative Abläufe optimieren und fortschrittliche Technik erlaubt präzisere Diagnose- und Therapiemöglichkeiten. Technologien, wie Chatbots, Systeme zur digitalen Dokumentation, Robotic Process Automation, Virtual Reality und Plattformen werden in vielen Bereichen des Gesundheitswesens bereits eingesetzt. Beispielsweise kann eine KI-gestützte Bilddatenanalyse oder eine KI-basierte Entscheidungsunterstützung bei der medizinischen Diagnostik genutzt werden. Smarte Technologien im Gesundheitsbereich versprechen bislang vor allem für das Management und die Verwaltung eine Entlastung, aber auch zunehmend für die medizinisch-pflegerische Versorgung. Der Schutz und die sichere Nutzung der sensiblen Gesundheitsdaten sowie die Etablierung von Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen digitalen Lösungen sind hierfür wesentliche Voraussetzungen.

Wichtig ist dabei, Gesundheit nicht nur im Sinne der medizinisch-pflegerischen Gesundheitsversorgung zu denken. Ein ganzheitlicher Blick auf Gesundheit im ganzen Leben beginnt mit der Ausbildung von Gesundheitskompetenzen in der Schule, betrifft gleichermaßen den Ausbau von Radwegen oder Maßnahmen zur Stärkung der psychosozialen Gesundheit. Der Umgang mit Hitzeperioden muss vorbereitet werden, um Kinder, Ältere, Kranke und vulnerable Gruppen besser zu schützen. In Berlin wurden erstmalig in einer Großstadt bzw. in einem Bundesland gemeinsam von Gesundheitsakteuren Hitzeschutzpläne ausgearbeitet. Dies ist ein Beispiel dafür, dass Gesundheit in allen Settings präventiv mitgedacht werden kann bzw. muss: bei der kommunalen Gesundheitsplanung, in Kindergärten, Schulen und Universitäten, bei der Mobilität, in Social Media und am Arbeitsort. Eine Stärkung von gesundheitsrelevanten Themen in diversen Lebenswelten und Lebensaltern trägt dazu bei, dass individuelle Gesundheitschancen weniger von Bildung, der beruflichen Position oder den ökonomischen Rahmenbedingungen abhängen und sichert gesundheitliche Teilhabechancen.

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