Generationenstudie

Zukunft gemeinsam gestalten

Finanzielle Spielräume schaffen

Die großen Herausforderungen der Gegenwart und die Gestaltung der Zukunft kosten unbestritten viel Geld. Der Klimaschutz erfordert erhebliche Investitionen, das Bildungswesen braucht mehr Mittel, um die Menschen fit für den digitalen Wandel zu machen, in den Sozialsystemen steigt der Finanzbedarf durch die Alterung der Bevölkerung und die Modernisierung der maroden Infrastruktur in Deutschland benötigt große finanzielle Anstrengungen. Zudem ist die Landesverteidigung spätestens mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine wieder auf die Prioritätenliste der Bundesregierung gerückt. 100 Mrd. Euro mehr für Rüstung und Verteidigung in den kommenden Jahren müssen demnach finanziert werden.

Schulden oder Schuldenbremse?

Die Frage, ob und was wir uns in Zukunft leisten können, hängt entscheidend von den Wachstumsperspektiven ab und davon, wie stark zukünftige Generationen an der Finanzierung beteiligt werden sollen. Mit anderen Worten, ob wir unsere Ausgaben und Investitionen (vorrangig) aus dem Steueraufkommen der heutigen Generationen bezahlen oder (stärker) durch neue Schulden. In unserem Basisszenario gehen wir zunächst von einer Einhaltung der Schuldenbremse ab 2023 aus. Dies ist der gesetzliche Status quo und Ziel der Bundesregierung. Die Ergebnisse des Basisszenarios zeigen, dass mit der Einhaltung der Schuldenbremse die Schuldenstandsquote Deutschlands, trotz des gedämpften Wachstums, perspektivisch auf etwas über 40 Prozent sinkt. Das BIP wächst inklusive der durchschnittlichen Preissteigerung in den kommenden Jahren schneller als die (gebremsten) Schulden.

Die in den nächsten Dekaden anstehenden Herausforderungen erhöhen Jahr für Jahr den Finanzierungsbedarf des Staates. Zusätzlicher fiskalischer Spielraum würde sich aus einem Verzicht auf die Schuldenbremse in aktueller Form ergeben. In ökonomischer Hinsicht ist eine fortgesetzte Reduktion der Schuldenstandsquote des Staates unnötig bzw. kontraproduktiv – insbesondere dann, wenn die höhere Kreditaufnahme für Investitionen erfolgt, deren Erträge sich erst in der Zukunft realisieren. Rechnerisch beträgt der zusätzliche fiskalische „Spielraum“ bis 2040 im Durchschnitt der Jahre etwa 40 Mrd. Euro pro Jahr (in heutigen Preisen). Zur Einordnung: Dieser Betrag ist größer als das durchschnittliche jährliche Investitionsvolumen, welches für die Erreichung der (weitgehenden) Klimaneutralität in Deutschland benötigt wird. Wie geht das?

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Zeitgemäße Schuldenpolitik für Generationen

In der Modellrechnung „60 Prozent-Ziel“ lockert der Staat die Schuldenbremse und orientiert sich stattdessen an einer Schuldenstandsquote von 60 Prozent (Maastricht-Kriterium). Die daraus entstehenden fiskalischen Spielräume werden zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen und im Sinne der befragten Generationen primär für öffentliche Investitionen genutzt. Gesamtwirtschaftlich geht dies mit Zugewinnen beim Bruttoinlandsprodukt einher: in 2040 liegt dieses rund 120 Mrd. Euro (preisbereinigt) bzw. 2,6 Prozent über dem Niveau des Basisszenarios.

Ob höhere Schulden sinnvoll oder zu vermeiden sind, ist ein Thema für Generationen. Denn Schulden bedeuten eine Lastverschiebung von heute in die Zukunft. In der Generationenbefragung wurden die beiden Generationen um ihre Einschätzung zur Staatsverschuldung gebeten. Dabei zeigt sich, dass vor allem die Babyboomer ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Verschiebung von finanziellen Lasten auf zukünftige Generationen zu haben scheinen. 61 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Staatsschulden immer ein Problem sind, da sie zu Lasten zukünftiger Generationen gehen, während 17 Prozent angeben, dass „richtig“ investierte Schulden kein Problem sind. Die junge Generation ist diesbezüglich sogar etwas offener für Investitionen in z. B. Bildung und Klimaschutz (27 % stimmen der Aussage zu). Eine unterschiedliche Bewertung zeigt sich übrigens nicht nur nach Alter, also zwischen den Generationen, sondern in ähnlicher Größenordnung nach Geschlecht. So sind Männer tendenziell eher für neue investitionsbezogene Schulden zu haben als Frauen (25 % zu 18 %). Hingegen gibt es bezogen auf den Bildungsstand kaum Unterschiede.

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Generationengerechtigkeit als Wachstumsbremse?

Alternativ zu höherer Verschuldung und damit der direkten „Beleihung“ der Leistungsfähigkeit nachfolgender Generationen, können heute lebende Generationen und dabei insbesondere die Erwerbstätigen mit höheren Steuern und Beiträgen zur Finanzierung der Ausgaben beitragen. Dabei stehen steigende Beitragssätze in den sozialen Sicherungssystemen und die Entwicklung von Wachstum und Beschäftigung in einem engen, negativen Zusammenhang. Eine höhere Beitragsbelastung führt auf Seiten der Beschäftigten zu einer Reduzierung ihrer Nettoeinkommen und einer entsprechenden Verringerung der Konsummöglichkeiten. In einer exportorientierten Volkswirtschaft bedeuten steigende Beitragssätze eine zunehmende Belastung der Unternehmen mit Lohnzusatzkosten und damit eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit. Mögliche Folgen sind ein Rückgang der Exportdynamik, eine geringere gesamtwirtschaftliche Leistung und ein Verlust an Arbeitsplätzen. Eine stärkere Steuerfinanzierung der Sozialausgaben kann hier leichte Entlastung bringen, da sie die Lasten auf mehr Schultern verteilt. Gleichwohl hat auch eine stärkere Steuerfinanzierung potenziell wachstumsdämpfende Wirkungen.

Die Spielräume für zusätzliche Ausgaben sind demnach in allen Fällen begrenzt. Ob zusätzliche Schulden, Steuern oder Sozialabgaben, die Finanzierung der Energiewende, der Klimaschutzes, der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, zusätzlicher Bildungsaktivitäten und der Lasten des demografischen Wandels erfordert Anstrengungen auf allen Ebenen. Die Politik ist gefordert, hier den richtigen Ausgleich zwischen Bevölkerungsgruppen und Generationen zu finden. Die grundsätzliche Bereitschaft zur Gestaltung der Zukunft ist sowohl bei den Babyboomern als auch in der Generation Z gegeben, die Erwartung an die Politik ist diesbezüglich groß.

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